Sunday 14 October 2018

Roter Traminer vom Landesweingut Kloster Pforta

Einen ersten Eintrag zu einem neuen Blog zu schreiben ist faszinierend. Mit ihm will ich natürlich auch die Ausrichtung andeuten dessen, was Dich in den nächsten Wochen und Monaten hier erwarten wird. Da ich an vielen Ks interessiert bin, Kultur, Kulinarischem, Kult und Konventen, und über Ks hinaus an vielem mehr, möchte ich Wein nicht nur von Nase, Mund und Auge her betrachten. Wein lädt vielmehr ein, auch über seine Orte, seine Herkunft, die Menschen, die ihn herstellen und die ihn verkosten zu erzählen, zu denen ich selbst gehöre.

Lass mich gleich mit meiner jüngsten Entdeckung beginnen.

Die weitläufige Anlage des Zistziernserklosters Pforta, vor den Toren des geschichtsträchtigen Naumburg an der Saale, ist nicht nur ein Umweg wert, sie ist als Ziel einer eigenen Reise zu empfehlen.



Wer von der Höhe in das traumhafte Tal kommt, wird sofort die Wingerte an den Seiten und in den das Tal durchziehenden leichten Anhöhen entdecken. Und immer wieder begegnet das Label Landesweingut Kloster Pforta.


Vermutlich hatten schon die Zisterzienser, die in das von dem Ortsbisch Udo I. von Naumburg hier installierte Kloster Sankt Maria zu Pforta, gezogen waren, im 12. Jh. Wein produziert. Trotz nicht nur trotz individuellem Armutsgelübde der einzelnen Mönche, aber auch wegen der Zugehörigkeit zu diesem Reformzweig benediktinischen Mönchtums war auch die Gemeinschaft als solche auf Armut orientiert. Doch gerade darum erwuchs auch diesem Kloster aufgrund der günstigen örtlichen Bedingungen und dem Fleiß und Eifer der Mönche ein enormer Reichtum. Dieser ist noch heute an der Kunst ablesbar, mit der die zisterziensische Architektur von Kirche und Klosteranlage ausgestattet wurde, aber auch an den Liegenschaften, die zu diesem Kloster bald gehörten. Beschützt von den sächsischen Herrschaften, zählte das Kloster siebendundzwanzig abhängige Ortschaften mit Wald, Wiesen, Wingerten und Äckern, zu dem noch weitere Stiftungen und Erbschaften kamen. 

Mit der Reformation allerdings änderte sich die Situation. Das Kloster wurde von den Mönchen verlassen, doch im Jahr 1543 verfügte Kurfürst Moritz von Sachsen, aus dem säkularisierten Klosterbesitz eine humanistische Fürstenschule an diesem Ort zu schaffen. Und seither existiert die Schule, die trotz den schwierigen Zeiten während des Nationalsozialismus und in den Zeiten der DDR bis heute eine herausragende Schule der Elitenförderung geblieben ist.

Wein hatte auch damals schon eine wichtige Rolle gespielt. So liest man etwa in einer Verordnung aus dem 16. Jh.: "Was für die Knaben und Praeceptores für Essen und Trinken gespeiset wird, dass reiniglich und also zugerichtet werden, das es zur Krankheit nicht Ursach gibt. Den Praeceptoren soll man allzeit Wein geben, und den Knaben jede Woche dreimal, Mittwoch, Freitag und Sonntag ... Welches Bier sauer ... oder so es stumpf und ungesund ist, soll für die Schul nicht gegeben werden."

Noch heute wird in Pforta, gleich am Eingang in einer romantischen Weinstube Wein verkauft, produziert vom Landesweingut Kloster Pforta.

Aus dem Angebot des Landesweinguts habe ich heute "Naumburg Roter Traminer Trocken" probiert.


Mit dem typischen würzigen Geruch des roten Traminers steht der samtich gelbliche Wein im Glas und überrascht nicht nur mit einem fruchtig frischen Geschmack, sondern auch mit dem mundfüllenden Aroma. Ich kann nur die Geschichte ahnen, die diese Traube und dieser Wein in diesem Tal gehabt hat. Dankenswerterweise gibt die Flasche auch ein bisschen historische Auskunft über die Vergangenheit: "Die aus der Südtiroler Region Tramin stammende Rebe ist eine der ältesten Sorten überhaupt. Trotz der rötlichen Traube handelte es sich um einen goldgelben, aromatischen Weißwein. Die Reben bringen in Naumburg Weine von würzig fruchtigem Geschmack mit zarten Duftnoten von Rosen und Honig hervor. Roter Traminer harmonisiert hervorragend mit Pasteten, Desserts mit Cremespeisen oder geräuchertem Lachs."

Ein wahres Erlebnis, nicht nur, wenn er in Kloster Pforta selbst getrunken wird. 

Der 2016-er Jahrgang ist mit seinen 13,0% auch üppig ausgebaut.

Mit einer kleinen Ladung von diesem wunderbaren Wein unter dem Arm wandere ich durch dasselbe Tor, durch das der spätere Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900) wanderte, als er in Pforta in die Schule ging und wo er schließlich Abitur machen wird. In einem Brief schreibt er über diese Erfahrung: "Zum ersten Male sollte ich mich von dem elterlichen Hauße auf eine lange, lange Dauer entfernen. Unbekannten Gefahren ging ich entgegen; der Abschied hatte mich bang gemacht und ich zitterte im Gedanken an meine Zukunft ... der Gedanke, von nun an niemals mich meinen eigenen Gedanken übergeben zu können." Und doch lernte er gerade in Pforta, seine eigenen Gedanken zu entwickeln, und, wie er in "Menschliches Allzu Menschliches" schrieb, dass er "aus innerem Feuer, innerer Süße der Seele immer wieder von selber (Wasser) in Wein verwandelt". 
Wer diesen Wein hier trinkt, wird kein Nietzsche sein müssen, es wird ihm schon ein Wein verabreicht, der aus dem Saaleboden diese Verwandlung vorgenommen hat.

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