Sunday 9 December 2018

IPA Ale mit Chateau La Tour de By 2012

Auch wenn IPA schon seit meiner Zeit als Senior Research Fellow am King's College Cambridge zu meinen Lieblingsbieren gehört, hätte ich nie gedacht, dass ich es neben und gar mit einem Medocwein trinken würde.



Grund ist nicht nur die rötliche Farbe des IPA, sondern auch die verbindende Brücke, ein unglaublich cremiger Le Sangle aus dem Haut-Doubs, dem Juramassif Frankreichs. Dieser auf einem handgearbeiteten Sauerteigbrot von Helbing, meinem Lieblingsbäcker, aufgebracht, lässt die südländischen fruchtigen Aromas des IPA mit dem sanft, aber geschmacksintensiven Käse spielen.


Helbings Krustenbrot, dessen Produktion ich am vergangenen Montag vor Ort im Eichsfelder Leinenfelde besichtigen durfte, ist ein ausdrucksstarkes Brot, würzig und gerade die rechte Balance für diesen reichen französischen Käse.

Welcher Weinliebhaber, der auch Käse verehrt, würde ein Bier als Vorspeise zum Weingericht wählen? Doch auch hier brechen Dämme, wenn die rechten Partnerinnen und Partner zusammentreffen. In diesem Fall bereitet die fruchtige Bitterkeit des IPA mit seiner wohligen und zugleich wieder frischen Wärme den Boden für das Gaumenerlebnis von Käse und Sauerteig, der schon den Geruch des - gemessen am Preis - fantastischen La Tour de By vorbereitet. Getestet habe ich einen Schluck des Weines unmittelbar nach dem IPA - und war überrascht, wie bittere Frucht mit herber Tiefe zusammengeht. Ich schwanke also, ob der traumhafte Käse Brücke oder Nachtisch ist, bzw. wer wohin führt.

Nicht, weil wir es hier mit einem Weinblog zu tun haben, sondern nur deshalb, weil ich die Reihenfolge IPA - Brot - Käse - Wein für dramatisch genug halte und sie sicher auch nicht umdrehen möchte, landen wir an dieser Stelle doch über deutsch-englisch-indisches Bier bei Thüringischem Brot und französischen Käse in Bordeaux.

Der trockene, tanninreiche und recht kräftige Medoc, der fast nach Zedernholz riecht und dessen Cabernet Sauvignon Trauben hier angenehm kräftig erdig schmecken, ergänzt in Nase und auf Zunge die Bitternis des IPO, gezügelt von der Säure des Krustenbrotes, doch befördert von dem ebenfalls leicht bitteren Schmelz.

Ohne Zweifel, das Wagnis, Bier mit Wein zu verbinden, hat sich gelohnt. Es war kein Drama, eher ein kleines Schauspiel und auch ein steiler Anstieg von immerhin 6,7% IPA Alkohol auf satte 13% des Rotweins. Halleluja, dass Brot und Käse keinen Alkohol besitzen.

Am Ende regiert der Wein nicht alleine, auch wenn er natürlich den Höhepunkt bildet - aber eben nicht ohne seine wertvollen Vorbereiter.  

Sunday 18 November 2018

Zweigelt Steinberg, Reserve 2015, Weingut Ernst Semmler - Helfen mit Genuss durch WineAid

Auf der Tagung des österreichischen Fundraisingverbandes zum Thema Science Fundraising in Wien wurde ich für meinen Vortrag belohnt mit einer Flasche Zweigelt Steinberg Reserve 2005, die ich heute mit großem Genuss geöffnet habe.
Der weiche, fast samtene Geschmack, mit starkem Tiefrot, fast Violet und einem bläulichen Schein dazwischen, betört Nase und Auge.

Ernst Semmler, Zweigelt Steinberg, Reserve 2015

Mindestens ebenso begeistert hat mich aber die Idee, dass mit diesem Wein der Winzer nicht nur ein fantastisches Produkt hervorgebracht hat, sondern er sich auch einer großartigen Idee verschrieben hat. Denn die Flaschen wurden der österreichischen WineAid zur Verfügung gestellt, so dass der Reinerlös aus jeder verkauften Flasche als Spende an die WineAid geht.

WineAid Spendenflasche
Diese erst im Jahr 2009 gegründete Initiative hat inzwischen breite Kreise in Österreich angesprochen, WineAid vereinigt Winzer, die ihre Trauben und Weine spenden, nationale und internationale Künstler, die diese Aktion als WineAid Botschafter unterstützen wie der Brite Gary Howard, die Aktion veranstaltet soziale Weinlesen, bei denen (Unternehmens-)Teams von bis zu 20 Personen bei einem der Partner Winzer bei der Weinlese mitmachen, dabei Mittagessen im Weingarten erleben, einen informativen Rundgang erhalten und auch eine moderierte Weinverkostung miterleben.
Für Firmen organisiert die Aktion CSR-Beratung und hat ein umfangreiches Weinsortiment von Spenderwein im Angebot. Es ist bewundernswert, wie diese Art von Fundraising allen zugute kommt. Die Winzer mit ihren Weinen erhalten Aufmerksamkeit, sie schaffen aber auch Gehör für die Zwecke, für die gespendet wird. Und hier sind es vor allem Kinder und Jugendliche benachteiligter Gesellschaftsbereiche in Österreich, denen diese Hilfe zukommt.

Die Sängerin und Moderatorin Rebecca Kolland etwa bestätigt: "So viele Jahre so viele gute Leute um sich zu scharen, um den Kindern zu helfen, finde ich einfach fantastisch. Und da bin ich gerne mit allem dabei, was ich geben kann - ohne eine Sekunde zu zögern". Oder der Grillweltmeister Adi Bittermann schreibt: "WineAid - klingt gut unmd schmeckt sehr gut. Eine Idee, die wir gerne unterstützen wollen."

Vielleicht gibt es ja demnächst eine WineAid Germany, die zusammen mit der Österreichischen Ideengeberin zusammenarbeiten kann.

Jedenfalls der Wein, den ich gerade verkoste, ist hervorragend. Semmler hat also ein außerordentlich anspruchvolles Produkt herausgegeben, das sowohl WineAid wie dem eigenen Namen alle Ehre macht.

Im großen Holzfass ausgebaut, hat der Wein den Zweigelt Grand Prix 2017 errungen.


Und, WineAid kombiniert Wein mit Essen. So gibt es jedes Jahr eine Auktion "Dinner &Wine, unplugged", bei der zum Beispiel ein Dinner bei Hans Vranek, dem 3-Hauben-Koch, ersteigert werden kann, natürlich von diesem gestiftet: "Es ist etwas Besonderes, für eine Handvoll Gäste in exklusivem Rahmen kochen zu dürfen und damit einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten". Auch hier ein Ansatz, den ich gerne in Deutschland wiederholt sehen würde. Ich kann also nur WineAid empfehlen:

aber auch das Weingut Ernst Semmler:

mit ihrem hervorragenden Zweigelt Steinbertg, Reserve 2015


Sunday 21 October 2018

Gérard Bertrand und sein Gris Blanc 2017

Sonne ist das erste, was mir durch die Sinne geht, beim ersten Schluck von diesem Wein aus dem Süden Frankreichs, Sonne und Wind, dessen Farbe mich an die Flamingos erinnert, die ich einige Male bei meinem Urlaub bei Saint Pierre in den Salzpfannen der Camargue beobachten durfte.

c Jjshapiro
Gérard Bertrand ist inzwischen auch in Deutschland kein Unbekannter mehr. Doch als ich vor über 15 Jahren zum ersten Mal in der Nähe von Saint Pierre auf einem Campingplatz meinen Urlaub verbringe, war Monsieur Bertrand gerade erst in dem Weingut eingezogen, das mein Augenmerk gleich beim ersten Mal auf sich zog, als ich an diesem herrschaftlichen Gutshaus inmitten von Weinreben vorbeikam. L'Hospitalet war damals noch kaum angezeigt, aber es empfohl sich durch seine Lage. Kurz bevor man an den Kalkfelsen vorbei, mit der bedrohlichen französischen Luftwaffenbastion darauf, in vielen Kurven hinab zum strahlend blauen Mittelmeer fährt, liegt wie inmitten von Südfrankreich dieses Weingut, das sich Monsieur Bertrand im Jahr 2002 als Zentrum gewählt hatte, noch während er Profi-Rubgy Spieler war. Er hatte gerade im Jahr zuvor gewechselt vom RC Narbonne, bei welchem er 17 Jahre gespielt hatte, zum Stade Francais, wo er sogar zum Captain avancierte. Gleichwohl war es der frühe Unfalltod seines Vaters, der ihn noch stärker an das elterliche Geschäft des Winzers brachte. Doch mit einem BA in Business Administration und Sport (Toulouse) war seine Berufung nicht nur die des Winzers, sondern desjenigen, der Wein so zum Leben bringen wollte, wie es Sport für ihn war.
Aus L'Hospitalet wurde ein Paradies für Gaumen. Ich vergesse nicht die Nacht, in der ich mit der Familie ein kulinarisches Menü dort erleben durfte. Der kleine Sohn war zu groß für den Kinderwagen, aber er wollte dabei sein, und so betteten wir ihn nahe bei unserem Tisch in diesen, die Füße lukten hervor und, weil viel zu neugierig, streckte er sein Köpfchen mit seinen leuchtenden Augen, die gegen den Schlaf kämpften zu seinen Eltern hin, und betrachtete uns, wie wir Speisenfolge um Speisenfolge genießen durften.

Es war ein unglaublicher Abend, mit auf das Essen abgestimmten Weinen, und wir brauchten nicht einmal mehr zum Campingplatz zurück, sondern hatten uns eine Nacht im wunderbaren, wenn damals noch recht schlichten Gästehaus von L'Hospitalet genehmigt.
Am nächsten Morgen, im Shop des Guts, suchten wir uns einen Wein aus meinem Geburtsjahr aus - wir haben ihn noch nicht geöffnet, dafür aber vielmals umgezogen ...
Wunderbare Bilder und Erinnerungen kommen zurück, und bei jedem kleinen Schlückchen des Gris Blanc steigen neue auf.

Monsieur Bertrand hat nicht nur eine Verbindung zwischen Sport und Wein, Wissen und Leben geschaffen, bei ihm und auf seinen Weingütern ist auch Know-how, Geschmack und Geschäftssinn so gepaart, dass Leben Freude macht.


Lange Zeit hatte ich die Weine weder in England noch in Deutschland gefunden, und sie sind immer noch nicht in den Allerweltsregalen unserer Supermärkte zu finden. Vielleicht ist das auch ein Glück. Klar, Jaques Weindepot hat einige, auch andere Onlinehändler, aber, wie das Leben so spielt, dass ausgerechnet ein junges Team aus meiner zweiten Wahlheimat sich vor allem auf Monsieur Bertrand spezialisiert hat, das zeigt mir, dass die Welt weder zufällig noch unsinnig ist. Also, wer Wein kaufen will, der besuche meine Freundin Karo in ihrem Shop, wo dieser Wein übrigens noch viel günstiger ist als in großen Portalen.
Der Wein hält, was die Informationen der Händler versprechen. Er ist duftig, klar und direkt, er hat aber auch einen salzigen Camargue-ton, ein bisschen Erdbeer und, wie gesagt, die Farbe schimmert ins ganz leichte Rosa hinein, eine Flamingo-Verführung, wenn auch mit 12% eine leichte.

Sunday 14 October 2018

Roter Traminer vom Landesweingut Kloster Pforta

Einen ersten Eintrag zu einem neuen Blog zu schreiben ist faszinierend. Mit ihm will ich natürlich auch die Ausrichtung andeuten dessen, was Dich in den nächsten Wochen und Monaten hier erwarten wird. Da ich an vielen Ks interessiert bin, Kultur, Kulinarischem, Kult und Konventen, und über Ks hinaus an vielem mehr, möchte ich Wein nicht nur von Nase, Mund und Auge her betrachten. Wein lädt vielmehr ein, auch über seine Orte, seine Herkunft, die Menschen, die ihn herstellen und die ihn verkosten zu erzählen, zu denen ich selbst gehöre.

Lass mich gleich mit meiner jüngsten Entdeckung beginnen.

Die weitläufige Anlage des Zistziernserklosters Pforta, vor den Toren des geschichtsträchtigen Naumburg an der Saale, ist nicht nur ein Umweg wert, sie ist als Ziel einer eigenen Reise zu empfehlen.



Wer von der Höhe in das traumhafte Tal kommt, wird sofort die Wingerte an den Seiten und in den das Tal durchziehenden leichten Anhöhen entdecken. Und immer wieder begegnet das Label Landesweingut Kloster Pforta.


Vermutlich hatten schon die Zisterzienser, die in das von dem Ortsbisch Udo I. von Naumburg hier installierte Kloster Sankt Maria zu Pforta, gezogen waren, im 12. Jh. Wein produziert. Trotz nicht nur trotz individuellem Armutsgelübde der einzelnen Mönche, aber auch wegen der Zugehörigkeit zu diesem Reformzweig benediktinischen Mönchtums war auch die Gemeinschaft als solche auf Armut orientiert. Doch gerade darum erwuchs auch diesem Kloster aufgrund der günstigen örtlichen Bedingungen und dem Fleiß und Eifer der Mönche ein enormer Reichtum. Dieser ist noch heute an der Kunst ablesbar, mit der die zisterziensische Architektur von Kirche und Klosteranlage ausgestattet wurde, aber auch an den Liegenschaften, die zu diesem Kloster bald gehörten. Beschützt von den sächsischen Herrschaften, zählte das Kloster siebendundzwanzig abhängige Ortschaften mit Wald, Wiesen, Wingerten und Äckern, zu dem noch weitere Stiftungen und Erbschaften kamen. 

Mit der Reformation allerdings änderte sich die Situation. Das Kloster wurde von den Mönchen verlassen, doch im Jahr 1543 verfügte Kurfürst Moritz von Sachsen, aus dem säkularisierten Klosterbesitz eine humanistische Fürstenschule an diesem Ort zu schaffen. Und seither existiert die Schule, die trotz den schwierigen Zeiten während des Nationalsozialismus und in den Zeiten der DDR bis heute eine herausragende Schule der Elitenförderung geblieben ist.

Wein hatte auch damals schon eine wichtige Rolle gespielt. So liest man etwa in einer Verordnung aus dem 16. Jh.: "Was für die Knaben und Praeceptores für Essen und Trinken gespeiset wird, dass reiniglich und also zugerichtet werden, das es zur Krankheit nicht Ursach gibt. Den Praeceptoren soll man allzeit Wein geben, und den Knaben jede Woche dreimal, Mittwoch, Freitag und Sonntag ... Welches Bier sauer ... oder so es stumpf und ungesund ist, soll für die Schul nicht gegeben werden."

Noch heute wird in Pforta, gleich am Eingang in einer romantischen Weinstube Wein verkauft, produziert vom Landesweingut Kloster Pforta.

Aus dem Angebot des Landesweinguts habe ich heute "Naumburg Roter Traminer Trocken" probiert.


Mit dem typischen würzigen Geruch des roten Traminers steht der samtich gelbliche Wein im Glas und überrascht nicht nur mit einem fruchtig frischen Geschmack, sondern auch mit dem mundfüllenden Aroma. Ich kann nur die Geschichte ahnen, die diese Traube und dieser Wein in diesem Tal gehabt hat. Dankenswerterweise gibt die Flasche auch ein bisschen historische Auskunft über die Vergangenheit: "Die aus der Südtiroler Region Tramin stammende Rebe ist eine der ältesten Sorten überhaupt. Trotz der rötlichen Traube handelte es sich um einen goldgelben, aromatischen Weißwein. Die Reben bringen in Naumburg Weine von würzig fruchtigem Geschmack mit zarten Duftnoten von Rosen und Honig hervor. Roter Traminer harmonisiert hervorragend mit Pasteten, Desserts mit Cremespeisen oder geräuchertem Lachs."

Ein wahres Erlebnis, nicht nur, wenn er in Kloster Pforta selbst getrunken wird. 

Der 2016-er Jahrgang ist mit seinen 13,0% auch üppig ausgebaut.

Mit einer kleinen Ladung von diesem wunderbaren Wein unter dem Arm wandere ich durch dasselbe Tor, durch das der spätere Philosoph Friedrich Nietzsche (1844-1900) wanderte, als er in Pforta in die Schule ging und wo er schließlich Abitur machen wird. In einem Brief schreibt er über diese Erfahrung: "Zum ersten Male sollte ich mich von dem elterlichen Hauße auf eine lange, lange Dauer entfernen. Unbekannten Gefahren ging ich entgegen; der Abschied hatte mich bang gemacht und ich zitterte im Gedanken an meine Zukunft ... der Gedanke, von nun an niemals mich meinen eigenen Gedanken übergeben zu können." Und doch lernte er gerade in Pforta, seine eigenen Gedanken zu entwickeln, und, wie er in "Menschliches Allzu Menschliches" schrieb, dass er "aus innerem Feuer, innerer Süße der Seele immer wieder von selber (Wasser) in Wein verwandelt". 
Wer diesen Wein hier trinkt, wird kein Nietzsche sein müssen, es wird ihm schon ein Wein verabreicht, der aus dem Saaleboden diese Verwandlung vorgenommen hat.